ArtikelDie Swahili-Fibel
VerfasserHelmut Richter
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Kapitel2. Verben: aus dem Silbenbaukasten
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enthältFortsetzung des Kapitels

Spiel mit den bunten Bauklötzen

Unregelmäßige Verben, also Ausnahmen, die einzelne Verben betreffen, gibt es in Swahili praktisch nicht. Aber die Muster, nach denen die Bestandteile einer Verbform zusammengesetzt werden, gehorchen nicht alle demselben Bauplan: für manche grammatikalische Funktion gibt es verschiedene Silben in verschiedener Position, und nicht alle theoretisch denkbaren Formen gibt es wirklich. Hier wird nun ein Verb durch sehr viele Formen gejagt und dabei beobachtet, welche Verbformen ähnlich und welche ganz verschieden gebaut sind. Damit soll vor allem die Konstruktion der komplizierteren Verbformen beschleunigt werden, die sich beim Sprechen oft als Bremse erweist.

Das Beispiel-Verb ist ja (kommen). Es ist einsilbig, so dass man bei vielen Formen die Zwischensilbe -ku- einschieben muss, was auch mit zu den Regeln gehört, die man verinnerlichen muss. ja ist intransitiv, hat also keine Objekte – die machen aber keine Probleme, weil sie ausnahmslos unmittelbar vorm Verbstamm stehen, wobei sie dort gegebenenfalls die Zwischensilbe -ku- ersetzen. Das Verb wa (sein) bildet ein paar Formen anders und wird daher auch mit besprochen, wenn auch nicht so vollständig wie ja.

In der Grammatikerklärung zu diesem Kapitel steht im Detail, welche Verbformen es gibt, wie sie gebildet und wie sie verwendet werden. Das wird hier vorausgesetzt und nicht noch einmal erklärt.

Die Farben erklären sich eigentlich von selbst, bis auf ein Detail: Ändert sich die Zeitsilbe (blau) aufgrund der Verneinungssilbe (rot), so wird die Zeitsilbe ein wenig rötlich, also violett. Analog dazu: Ändert sich der Verbstamm (grün) aufgrund der Zeitsilbe (blau), so wird der Verbstamm ein wenig bläulich, also türkis – das ist dann und nur dann der Fall, wenn die Zeitsilbe leer ist.

Bauplan 1: Einfache (absolute) Zeiten

Bei den Zeitstufen, die schlicht Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darstellen, wird mit einer Ausnahme in der unverneinten Form die Zwischensilbe -ku- gebraucht. Die Verneinung wird immer mit der Vorsilbe ha- gebildet. Dabei ändert sich außer in der Zukunft die Zeitsilbe, und wenn sie sich ändert, wird die Zwischensilbe -ku- in der verneinten Form nicht mehr verwendet.

  tu li ku ja wir kamen
ha tu ku   ja wir kamen nicht

  tu me ku ja wir sind gekommen
ha tu ja   ja wir sind noch nicht gekommen

  tu na ku ja wir kommen gerade
ha tu     ji wir kommen nicht

  tw a   ja wir kommen
ha tu     ji wir kommen nicht

  tu ta ku ja wir werden kommen
ha tu ta ku ja wir werden nicht kommen

Bauplan 2: Relative und bedingte Zeiten

Bei den Zeiten, die sich relativ zu anderen Zeiten verstehen oder die Bedingungen ausdrücken, ist -si- die Verneinungssilbe, soweit es überhaupt eine Verneinung gibt. Bei der Zeitsilbe -ka- gibt es keine und es wird der verneinte Optativ verwendet, und bei -ki- ist die hier angegebene Zeitsilbe -po- eigentlich eine Relativsilbe; deswegen kommt die Verbform tusipokuja im nächsten Abschnitt noch einmal.

tu   ka   ja dann kamen/kommen wir
tu si     je ohne dass wir kommen

tu   ki   ja wenn/während wir kommen
tu si po ku ja wenn wir nicht kommen

tu   nge ku ja [wenn] wir kämen
tu si nge ku ja [wenn] wir nicht kämen

tu   ngali ku ja [wenn] wir gekommen wären
tu si ngali ku ja [wenn] wir nicht gekommen wären

tu       je wir sollten kommen
tu si     je wir sollten nicht kommen

Bauplan 3: Verben mit Relativpronomen

Die Verbformen mit Relativ­pronomen haben außer beim Verb sein meistens das Verb am Ende, während die ersten drei Silben immer Subjekt, Zeit/Verneinung und Relativsilbe sind. Beim Verb sein ist nach diesen drei Silben Schluss oder es folgt nur noch eine Ortssilbe. Dabei wird dann im unverneinten Fall die Zeitsilbe durch -li- ersetzt, das keine bestimmte Zeit ausdrückt.

tu li o ku ja [wir,] die wir kamen
tu na o ku ja [wir,] die wir kommen
tu taka o ku ja [wir,] die wir kommen werden
tu si o ku ja [wir,] die wir nicht kamen/kommen

tu li po ku ja als wir kamen
tu na po ku ja wenn/sobald wir kommen
tu taka po ku ja wenn/sobald wir kommen werden
tu si po ku ja wenn wir nicht kommen

tu li o     [wir,] die wir sind
tu si o     [wir,] die wir nicht sind
tu li po     wo/wenn wir sind
tu si po     wo/wenn wir nicht sind
tu li o po   [wir,] die wir dort sind
tu si o po   [wir,] die wir nicht dort sind

Die kurze Form mit dem Verb vor der Relativsilbe gibt es auch bei anderen Verben als sein, besonders in feststehenden Redewendungen wie mwaka ujao (kommendes Jahr). Gibt es dann auch noch ein Objekt, so rückt die Relativsilbe auf den vierten Platz statt des dritten, wo sie sonst immer steht.

tu   ja o   [wir,] die wir kommen
tu   ja vyo   wie wir kommen

tu m jua o   [wir,] die wir ihn kennen
tu m jua ye   [er,] den wir kennen
tu m jua vyo   wie wir ihn kennen

Weitere Formen des Verbs „sein“

Das Verb sein hat ein paar Formen, die andere Verben nicht haben. Man beachte die Verneinung mit ha-, obwohl die Formen ohne Verbstamm an die kurzen Formen mit Relativ­pronomen erinnern.

  tu   po   wir sind dort
ha tu   po   wir sind nicht dort
  tu   na   wir haben
ha tu   na   wir haben nicht

Wenn Bedingungen oder die Zeitstufe in den kurzen Formen nur ungenügend ausgedrückt werden können, kann man dieselben Formen wie bei anderen Verben verwenden. Der Verbstamm ist dann wa oder vor Ortssilben wahlweise auch we, letzteres vor allem, wenn nicht die Zwischensilbe -ku- vorangeht. Hier sind nur ein paar Beispiele aufgeführt; es geht alles analog zu den Formen aus den Bauplänen 1, 2 und 3.

  tu li ku wa   wir waren
ha tu ku   wa   wir waren nicht
  tu li ku wa po wir waren dort
ha tu ku   we po wir waren nicht dort
tu   ki   we po wenn/während wir dort sind
tu   nge ku wa po [wenn] wir dort wären
tu si nge ku wa po [wenn] wir nicht dort wären
tu si ngali ku wa   [wenn] wir nicht gewesen wären
tu taka o ku wa po [wir,] die wir dort sein werden