ArtikelDie Swahili-Fibel
VerfasserHelmut Richter
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Kapitel4. Umstände, Verhältnisse, Abhängigkeiten
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Umstände, Verhältnisse, Abhängigkeiten

Im Folgenden werden die Mechanismen zusammengestellt, mit denen man komplexere Sätze bilden kann. Dazu braucht man Dinge wie Adverbiale, Präpositionen und Konjunktionen und muss lernen, wie man die benutzt. Außerdem wird erklärt, dass es für Ortsangaben recht spezielle Regeln gibt. Damit ist dieses Kapitel ein buntes Potpourri verschiedener Dinge aus der Swahili-Grammatik geworden.

Adverbiale und Adverbien

Während bis jetzt alle verwendeten Grammatikbegriffe als bekannt vorausgesetzt wurden, kann man das bei den Begriffen „Adverbial“ und „Adverb“ nicht unbedingt tun. Hier also eine kurze Erläuterung:

Außerdem gibt es im Deutschen wie in Swahili Adverbien, die nicht den ganzen Satz oder sein Verb kommentieren, sondern einzelne Wörter, insbesondere Adjektive und andere Adverbien: sana (sehr), tu (nur), kidogo (ein wenig), mno (zu sehr). Sie stehen in Swahili hinter dem Wort, das sie kommentieren.

Adverbiale werden in Swahili ähnlich wie im Deutschen gebildet, nämlich:

Substantive als Adverbiale gibts im Deutschen nur einzelne (z.B. „jede Woche“); in Swahili sind sie häufig. Man kann sie sich aus einem Präpositionalgefüge entstanden denken, bei dem die Präposition weggelassen wurde, z.B.  kawaida aus kwa kawaida (aus Gewohnheit). Bei Adverbialen der Art und Weise gibts oft beide Formen mit oder ohne Präposition; bei Adverbialen der Zeit werden Präpositionen sehr sparsam benutzt, und bei Adverbialen des Ortes gelten ganz besondere Regeln, die in einem späteren Abschnitt unter „Ortsangaben“ detailliert beschrieben werden.

Außerdem können auch ganze Nebensätze eine ähnliche Funktion wie ein Adverbial haben, indem sie eine Zeit, einen Ort, eine Art und Weise, eine Begründung oder ähnliches ausdrücken. Das geschieht im Deutschen mit Hilfe von Konjunktionen; in Swahili gibt es dafür mehrere Möglichkeiten, die unten unter „Nebensätze“ stehen.

Präpositionen

Präpositionen wie im Deutschen, nämlich einzelne Wörter, die vor Substantiven stehen, gibt es in Swahili nur wenige. Die Funktion von Präpositionen wird oft wahrgenommen von Ausdrücken aus Adverb und dem Wort für von wie im nächsten Abschnitt erläutert. Manchmal werden auch Infinitive von Verben wie Präpositionen verwendet. Beim Betrachten der Präpositionen im Wortschatz wird man alle drei Varianten finden: einzelne Wörter, kurze Ausdrücke und Infinitive.

Wie in vielen Sprachen haben die häufigsten Präpositionen viele verschiedene Bedeutungen und Verwendungen, die man lernen muss. Die sind im Folgenden zusammengestellt.

ya, …

Die Präposition ya mit ihren Kolleginnen für die anderen Klassen heißt von und wird in den meisten Fällen dort eingesetzt, wo im Deutschen ein Genitiv oder ein zusammen­gesetztes Substantiv steht. Sie wird in Swahili auch viel zur Bildung von Ausdrücken verwendet, die als ganze wie eine Präposition wirken, z.B. mbele ya (vor; räuml.), nyuma ya (hinter), kabla ya (vor; zeitl.), baada ya (nach), juu ya (auf, über), ndani ya (in), nje ya (aus … heraus), …. In vielen Fällen steckt ein Adverb drin, bei einigen davon ist das ein Substantiv, das als Adverb verwendet wird: mbele (vorn, nach vorn, Vorderseite), nyuma (hinten, nach hinten, Rückseite), juu (oben, nach oben, Oberseite), ndani (innen, hinein, Innenseite), nje (außen, hinaus). Nicht immer, aber doch meistens ist das Substantiv in solchen Ausdrücken in Klasse 9; deswegen ist auch in der Überschrift speziell die Form ya und nicht die einer anderen Klasse erschienen.

ya steht auch oft mit Infinitiven, z.B. ya kutosha (genug = zum Genügen), ya kuvutia (interessant = zum Interessieren). Wenn es sich um einen Zweck etwa eines Werkzeugs handelt, ändert sich die Verbform; das wird im fünften Kapitel im Abschnitt „Applikativ“ beschrieben.

Mit Pronomen ergeben sich die Possessivpronomen: yangu (von mir), yako (von dir) usw., auch in den eben erläuterten Ausdrücken, z.B. nyuma yetu (hinter uns). Für Dinge wird in Einzahl und Mehrzahl yake (davon) verwendet, ausgenommen baadaye (danach).

kwa

Die Wortform kwa ist ebenso wie ya ein Wort für das deutsche von, nur für die Klassen 15 und 17. Viel häufiger tritt sie aber als Präposition auf. In beiden Bedeutungen wird sie mit Pronomen in derselben Weise verbunden wie wir das von ya kennen: kwangu (bei mir, für mich), kwako (bei dir, für dich) usw. Für Dinge wird in Einzahl und Mehrzahl kwake (damit, dafür) verwendet.

Hier sind die wichtigsten Bedeutungen:

  • für in vielen Zusammenhängen: chakula kwa wote (Essen für alle), barua kwa rafiki (Brief an einen Freund), -uza kwa shilingi 10000 (für 10000 Schillinge verkaufen), -shukuru kwa zawadi (für ein Geschenk danken)

  • bei mit Personen: kwa ndugu yako (bei deinem Bruder), kwetu (bei uns)

  • mit wenn es um Werkzeuge geht, auch um „geistige Werkzeuge“, Ursachen oder Motive: -andika kwa kalamu (mit einem Stift schreiben), -safiri kwa basi (mit dem Bus reisen), kwa Kiswahili (auf Swahili), -fa kwa ugonjwa (an einer Krankheit sterben), -fanya kazi kwa bidii (mit Fleiß arbeiten), -kutana kwa kawaida (sich aus Gewohnheit treffen)

  • im gleichen Sinne mit einem Substantiv und ya zur Bildung von Ausdrücken, die wie Präpositionen verwendet werden: kwa ajili ya (wegen, zugunsten), kwa njia ya (mittels), kwa jina la (im Namen von)

na

Die Präposition na heißt zunächst mit und wird in vielen Kontexten verwendet:

  • mit oder und: karanga na ndizi (Erdnüsse und Bananen), anasafiri na mkewe (er reist mit seiner Frau)

  • von beim Passiv: barua iliandikwa na mwalimu (der Brief wurde vom Lehrer geschrieben)

  • mit, vor oder von bei Beziehung, besonders auch Abwehr: anafanana na baba yake (er sieht seinem Vater ähnlich), -linganisha na (vergleichen mit), -okoa na kifo (vom Tod erretten), -kinga na ugonjwa (vor Krankheit schützen), -jitenga na rafiki (sich von Freunden zurückziehen)

  • in wenigen Fällen anstelle von ya zur Bildung von Ausdrücken, die als Präpositionen wirken: karibu na (nahe bei), mbali na (weit von), pamoja na (zusammen mit).

  • um das deutsche Wort haben wiederzugeben, was als sein mit ausgedrückt wird; das kommt später in diesem Kapitel.

na ist eine Präposition, keine Konjunktion. Wo ein deutsches und steht, das beim besten Willen nicht durch mit ersetzt werden kann, ist na zwar nicht immer, aber oft fehl am Platze, z.B. zwischen ganzen Sätzen, zwischen mehreren Verben zum selben Subjekt oder zwischen mehreren Adjektiven am gleichen Substantiv. Hier sind ein paar Beispiele, wie man na dann entweder vermeidet oder aber wirklich als Präposition verwendet:

  • alisikia maagizo na kuyatimiza (er hörte die Anweisungen und setzte sie um)
  • alikwenda shambani akavuna ndizi (er ging aufs Feld und erntete Bananen)
  • wasichana wazuri wapole (hübsche nette Mädchen) oder in etwas antiquiert-literarischem Stil wasichana wazuri na upole (wörtl.: hübsche Mädchen mit Nettigkeit), aber
  • wasichana wazuri na wapole (hübsche Mädchen und nette [also zwei Gruppen])
  • wasichana hawa ni wazuri, tena wapole (wörtl.: diese Mädchen sind hübsch, ferner nett)

Wie schon erläutert, wird na mit Pronomen in der Weise zusammengezogen, dass bei Personen die zweite Silbe des Personal­pronomens angehängt wird, sonst die Relativsilbe: nami (mit mir), nawe (mit dir), …, nao/nayo/nalo/nazo/… (damit; je nach Klasse).

kati, katika, katikati

kati ist ein Substantiv und bedeutet Mitte. Der Ausdruck kati ya (in der Mitte von, zwischen) wird als Präposition gebraucht: kati meza na kiti (zwischen dem Tisch und dem Stuhl), kati yenu na sisi (zwischen euch und uns), kati yenu (unter euch), kati ya ndugu zake (unter seinen Brüdern), kati ya kundi (in der Gruppe). Wird es nicht mit na gebraucht wie in den ersten beiden Beispielen, so steht danach immer ein Plural oder eine Sammelbezeichnung. Ein Synonym für diesen Gebrauch von kati ya ist miongoni mwa (eine[r]/welche von/unter); mwa gehört dabei zu Klasse 18, die bis jetzt noch nicht viel vorkam.

katikati ist ein Adverb und bedeutet in der/die Mitte. Auch das wird mit ya zu einer Präposition verbunden, die aber auf Singulare und Plurale anwendbar ist: katikati ya ziwa (mitten im See), katikati yao (mitten unter ihnen).

Die Präposition katika steht für viele Ortsangaben, bedeutet also je nach Zusammenhang in, auf oder an: katika kabati (im Schrank, in den Schrank, aus dem Schrank), katika meza (auf dem Tisch, auf den Tisch, vom Tisch [weg]), katika mwanga (im Licht, ins Licht, aus dem Licht). Sie wird nicht nur für konkrete Orte, sondern auch für Situationen verwendet: katika sherehe (beim Fest), katika kusoma (beim Lesen), katika taabu (im Leiden), katika ndoto (im Traum). Für Personen wird sie nicht verwendet – da ist kwa (bei) richtig. In den meisten Fällen lässt sich katika dadurch ersetzen, dass das Substantiv, nicht aber ein Orts- oder Personenname, die Nachsilbe -ni bekommt und ohne Präposition verwendet wird; die Grammatik zu diesen Ortsklassen wird aber erst in einem späteren Abschnitt behandelt.

katika ist ziemlich unspezifisch, was die räumliche Lage angeht; genauer sind bei Bedarf ndani ya (in), juu ya (auf) und kwenye (an, bei).

Drei Wörter quer zu den Wortarten

Hier sind noch drei wichtige Wörter, deren Gebrauch so ist, dass man sie schlecht einer bestimmten Wortart zuordnen kann.

kuwa

kuwa ist zunächst der Infinitiv von wa, bedeutet also [zu] sein. Es wird auch an manchen Stellen verwendet, wo im Deutschen nur eine Präposition oder gar nichts steht: alimfanya kuwa waziri (er machte ihn zum Minister), alipata kuwa waziri (er wurde Minister), unajiona kuwa kiongozi (du hältst dich für einen Leiter). Manchmal ist die Bedeutung von ya kuwa oder kuwa einfach dass wie in Beispiel 3.5 des zweiten Kapitels; und schließlich steht kwa kuwa für denn, weil.

hata

Das aus dem Arabischen übernommene hata hat drei verschiedene Bedeutungen:

  • sogar, entsprechend in verneinten Sätzen nicht einmal: Hata wenye dhambi huwapenda wale wanaowapenda wao. (Sogar die Sünder lieben die, die sie lieben.) – Mambo yanayotendwa kwa siri ni aibu hata kuyataja. (Die Dinge, die heimlich getan werden, auch nur zu erwähnen, ist eine Schande.) – Najua kwamba utafanya hata zaidi ya haya ninayokuomba. (Ich weiß, dass du sogar noch mehr tun wirst als das, worum ich dich bitte.) – Huwezi kuufanya hata unywele mmoja kuwa mweupe au mweusi. (Du kannst nicht einmal ein Haar weiß oder schwarz machen.)

    Im gleichen Sinne wirkt hata in hata hivyo (trotzdem, wtl.: selbst so), hata kama (selbst wenn), hata kabla (schon bevor) und hata kidogo (kein bisschen, überhaupt nicht), wobei letzteres entweder mit einem negierten Verb benutzt wird oder aber als alleinstehender Ausdruck. Hier ist ein Satz (2Kor.10:8, Hab.Nj.) mit drei hata: Hata kama nimezidi katika kujivuna kwangu juu ya ule uwezo aliotupa – uwezo wa kuwajenga na sio wa kubomoa – hata hivyo sijutii hata kidogo. (Selbst wenn ich mich verstärkt mit der Vollmacht gebrüstet habe, die er uns gegeben hat – eine Vollmacht euch aufzubauen und nicht niederzureißen – so bedaure ich das trotzdem überhaupt nicht.)

  • so dass. Damit werden zwei Sätze miteinander verbunden, von denen der zweite die Folge des ersten ist; meistens hat dann der zweite Satz die Zeitsilbe -ka- oder einen verneinten Optativ, also eine der beiden Formen, mit denen ausgedrückt wird, was in der Folge geschieht oder nicht geschieht: Ghafla, dhoruba kali ikatokea ziwani, hata mawimbi yakaanza kuifunika mashua. (Plötzlich erhob sich ein starker Sturm auf dem See, so dass die Wellen anfingen, das Boot zu bedecken.) – Mwili wake ulikuwa umepindika vibaya hata asiweze kusimama wima. (Ihr Körper war stark verkrümmt, so dass sie nicht aufrecht stehen konnte.)

  • bis. Es ist eine Stilfrage, welches der drei Wörter für bis, nämlich mpaka, hadi oder hata verwendet wird, und das sehr seltene Vorkommen von hata in diesem Sinn in der modernen Bibelübersetzung „Habari Njema“ kann ein Hinweis darauf sein, dass es eher zur gehobenen und literarischen Sprache gehört.

Die drei Bedeutungen sehen sehr verschieden aus, aber es gibt einige Zusammenhänge, in denen jede zutreffen könnte. So im letzten Beispiel im vorletzten Absatz: hata asiweze … könnte bedeuten „sie konnte nicht einmal …“ oder „so dass sie nicht … konnte“ oder „bis dahin, dass sie nicht … konnte“. In diesem Fall legt der verneinte Optativ die angegebene Bedeutung nahe.

-ngali, bado

-ngali wird mit dem Verbpräfix des Subjekts versehen und bedeutet „noch“; es ersetzt auch das Verb und heißt dann „ist/war noch“. Es wird oft zusammen mit wakati (Zeit, zu der Zeit) verwendet. Beispiele: Ingali inanyesha. (Es regnet noch.) – Wazazi wangu wangali hai. (Meine Eltern sind noch am Leben.) – wakati ningali hapa (solange ich noch hier bin).

bado ist ein häufigeres Wort für noch, das unverändert benutzt wird, vor allem auch zusammen mit negierten Verben in der Bedeutung noch nicht.