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Artikel | Die Swahili-Fibel |
Verfasser | Helmut Richter |
verfasst / veröffentlicht / geändert | / / |
Artikel-URL | https://hhr-m.de/sw-fibel/ |
Kapitel | 3. Substantive: keine klassenlose Gesellschaft |
Diese Seite | https://hhr-m.de/sw-fibel/klass-form/ |
enthält | Fortsetzung des Kapitels |
Nicht jedes Wort, das mit den Buchstaben eines Präfixes beginnt, beginnt damit schon mit diesem Präfix. Hier sind ein paar weitere Hinweise zusammengestellt. Von den typischen Bedeutungen der Wörter der verschiedenen Klassen wird dabei in Zweifelsfällen Gebrauch gemacht.
Hier geht es um Wörter, die mit n- und Konsonant oder mit ny- und Vokal beginnen. Andere Wörter mit n- gehören nicht hierher.
Diese Wörter gehören in Klasse 9 (Singular) oder 10 (Plural). Man beachte, dass Klasse 10 auch der Plural von Klasse 11 ist und dass bei der Pluralbildung vor manchen Konsonanten Veränderungen eintreten. So ist etwa ndimi der Plural von ulimi (Zunge) nach den Regeln für n- vor -l-.
Diese Regeln für das Anfügen des Präfix n- je nach folgendem Laut (also: d- → nd-, g- → ng-, j- → nj-, z- → nz-, b- → mb-, w- → mb-, v- → mv-, l- → nd-, r- → nd-, sonst Verzicht auf das vorangestellte n-) schlagen nicht nur bei der Anpassung von Adjektiven zu, sondern auch bei der Wortbildung selbst und auch bei der Pluralbildung. Kann man nun daraus umgekehrt schließen, dass Wörter, die mit d-, g-, j-, z-, b-, w-, v-, l- oder r- beginnen, nicht in Klasse 9→10 liegen können, weil bei diesen Anfangsbuchstaben das Klassenpräfix n- nicht ersatzlos weggefallen wäre? Ja und nein. In der Tat sind einheimische Wörter der Klasse 9→10 mit solchen Anfangsbuchstaben aus diesem Grunde ausgesprochen selten; andererseits ist aber diese Klasse ein Auffangbecken für sehr viele Fremdwörter, die sehr wohl mit diesen Anfangsbuchstaben versehen sein können.
Hier geht es um Wörter, die mit m- und Konsonant, mit mw- und Vokal oder mit mo- oder mu- beginnen. Andere Wörter mit m- gehören nicht hierher.
Nach dem im vorigen Abschnitt Gesagten kann das Präfix m- vor -b- und -v- auch ein verkleidetes Präfix n- sein, und das Wort gehört in Klasse 9→10; es kann sich aber auch wirklich um das Präfix m- der Klassen 1 oder 3 handeln. Beispiele für solche Wörter der Klasse 9→10 sind mbele (Vorderseite), mbuga (Savanne) und mvua (Regen) sowie die zahlreichen Tiernamen dieser Bauart wie z.B. mbwa (Hund) und mbuzi (Ziege). Außerdem gibt es eine Reihe anderer Tiernamen, vor allem die Namen einzelner Vogel- und Fischarten, die mit m- und einem anderen Konsonanten als den genannten beginnen und trotzdem in Klasse 9→10 liegen, z.B. mwewe (Habicht) oder msozi (Kolibri).
Wörter mit mo- oder mu- können diese Wortanfänge zufällig haben, wenn diese beiden Anfangsbuchstaben zum Wortstamm gehören; dann ist das kein Klassenpräfix. Bei europäischen Fremdwörtern, z.B. motokaa (Auto) oder muziki (Musik), ist das der Normalfall, bei einheimischen Wörtern die Ausnahme. Die arabische Vorsilbe mu- wird auch gerne als Klassenpräfix für Klasse 1 oder Klasse 3 hergenommen, je nachdem, ob es um Personen geht. – Es ist entweder mu- oder nur m- das Klassenpräfix, das im Plural durch wa- (Klasse 1→2) oder mi- (Klasse 3→4) ersetzt wird. Es gibt dabei die folgenden Fälle:
Bei zweisilbigen Wörtern, also solchen mit betontem ersten Vokal, ist nur m- das Klassenpräfix. Beispiele: Plurale waume von mume (Ehemann), mioyo von moyo (Herz), miungu von mungu (Gott), miundu von mundu (Sichel), jedoch miwa von muwa (Zuckerrohr).
Bei mehrsilbigen Wörtern ist mu- das Klassenpräfix, das bei der Pluralbildung ersetzt wird. Beispiele: Plurale wahariri von muhariri (Journalist), mihindi von muhindi (Maispflanze), misuli von musuli (Muskel). In diesen Fällen gibt es meist auch die Singularform mit m- neben der mit mu-.
Tritt das Präfix m- vor einen Stamm, der mit u- beginnt, so entsteht regelmäßig mwu-, man findet aber daneben auch abweichende Schreibungen mit muu- ohne Bedeutungsunterschied. Im Plural verschwindet dann die Abweichung.
Wenn die in den beiden vorangegangenen Absätzen beschriebenen Fälle nicht eingetreten sind, gehören Wörter mit dem Präfix m- bis auf Tiere praktisch immer in Klasse 1 oder 3. Also Klasse 1 für Personen, Klasse 9 für Tiere und Klasse 3 für alles andere, mit den folgenden Ausnahmen (vielleicht gibts noch mehr, aber viele sinds nicht):
Von Wörtern, die mit ma- (in Einzelfällen auch me-) anfangen, möchte man wissen, ob es sich hier um das Klassenpräfix der Klasse 6 handelt oder um kein Präfix, so dass das Wort in eine der Klassen 5, 9 oder 10 gehört, bis auf mahali (Ort), das in den Ortsklassen 16/17/18 liegt, die erst im vierten Kapitel besprochen werden. Hier geht es vor allem um Wörter, bei denen von der Bedeutung her Singular und Plural nicht klar unterschieden sind; sonst sieht man daran, dass ma- schon im Singular auftritt, dass es nicht ein Klassenpräfix des Plurals sein kann, z.B. mashua (Boot) oder mashine (Maschine). Folgende Fälle können vorkommen:
Die Sache ist eindeutig, wenn das Wort eine der fünf kurzen Pluralformen der Klasse 6 ist, die man auswendig wissen muss, nämlich mambo von jambo (Angelegenheit), macho von jicho (Auge), meko oder majiko von jiko (Herd), meno von jino (Zahn) und mawe von jiwe (Stein).
Flüssigkeiten und ähnliches gehört in Klasse 6, wenn es mit ma- anfängt: maji (Wasser), mavi (Kot), mate (Speichel), mafuta (Fett, Öl, Treibstoff).
In allen anderen Fällen von zweisilbigen Wörtern mit ma- oder von Wörtern mit me- kann es sich nicht um ein Klassenpräfix handeln.
Hat ein Wort mit ma- eine der Endungen, die für Abstrakta der Klasse 5 oder 14 typisch sind, wird es sich in der Regel um eine Pluralform der Klasse 6 handeln, auch wenn die zugehörige Singularform ungebräuchlich ist. Solche Endungen sind -o für Verben auf -a sowie -zi und -fu. Beispiele: maendeleo (Entwicklung) von endelea (voranschreiten), maangamizi (Zerstörung), madhilifu (Unglück). Das gibt es auch mit anderen Endungen, z.B. matakwa (Begehren) von takwa (gewollt werden) und matata (Beschwernisse).
Arabische Wörter für Abstrakta mit der arabischen Vorsilbe ma- finden sich auch sehr oft in Klasse 6 wie die aus dem voranstehenden Punkt, z.B. maisha (Leben), madaraka (Macht, Einfluss) und majira (Periode, Jahreszeit). Manche sind aber auch ins Swahili übernommen worden, ohne dass ma- als Klassenpräfix betrachtet wird; sie gehören dann in Klasse 9→10, z.B. maana (Bedeutung, Grund), makala (Aufsatz, Artikel), mamlaka (Autorität), mashariki (Osten), magharibi (Westen) und malaika (Engel).
Zwischen den beiden letzten Punkten und erst recht zwischen den beiden Varianten im letzten Punkt ist die Trennlinie sehr unscharf. Man muss die richtige Klasse auswendig wissen, wenn man nicht großes Glück hat und der Gebrauch in Swahili uneinheitlich ist, so dass man nichts falsch machen kann. Oft kommt es auf die Klasse nicht an: majira ya joto (heiße Jahreszeit) ist richtig gebildet, ob majira nun in Klasse 6 oder 9 gehört. Muss man raten, hat Klasse 6 die höhere Trefferrate, wenn die obigen Unterscheidungen nicht weiterhelfen.
Schon bisher kam der Fall vor, dass ein Wortanfang nur zufällig so aussieht wie ein Klassenpräfix, was vor allem bei Singularpräfixen zu Verwechslungen führen kann. Bis jetzt ging es meist um Doppelkonsonanten am Wortanfang, was in Swahili nur selten am Anfang des Wortstamms vorkommt. Bei anderen Wortanfängen, die wie Präfixe aussehen, ist es noch etwas häufiger, dass sie in Wirklichkeit zum Wortstamm gehören, z.B. kimbilio (ma-) (Zuflucht) von kimbilia (hinrennen), ulizo (mau-) (Befragung) von uliza (fragen), chui (-) (Leopard) oder jinsi (-) (Art und Weise). Solche Wörter haben also kein Klassenpräfix. Relativ zur großen Anzahl der Wörter, bei denen ki-, ji- oder u- tatsächlich Klassenpräfixe sind, sind das recht wenige. ch- tritt allerdings so oft als Anfang einer Wortwurzel auf, dass man im Einzelfall wissen muss, wann es sich um ein Klassenpräfix handelt.
Umgekehrt gibt es Fremdwörter, bei denen ein Wortbestandteil, das in der Herkunftssprache zum Wortstamm gehört hat, in Swahili zum Klassenpräfix ernannt worden ist. Beispiele sind kitabu (vi-) (Buch, arab.), kilele (vi-) (Gipfel, arab.), kibali (vi-) (Einverständnis, arab.), kibiriti (vi-) (Streichholz, arab. für Schwefel), kilabu (vi-) (Club, engl.), kioski (vi-) (Kiosk, engl.), chandarua (vy-) (Moskitonetz, Gujar.), waya (ny-) (Draht, engl.), wakati (ny-) (Zeit, arab.) und waraka (ny-) (Schreiben, Urkunde, arab.). Eigenartig ist der Plural virusi (Viren) mit dem offenbar daraus abgeleiteten Singular kirusi.
Diese Umdeutung von Wortbestandteilen zu Präfixen geschieht zwar sehr oft, bei arabischen Wörtern mehr als bei englischen, aber beileibe nicht immer, wo es möglich wäre, z.B. kilo (-) (Kilo), chapati (-) (Fladenbrot, Hindi), waridi (ma-) (Rose, arab.), wilaya (-) (Bezirk, arab.), wiki (-) (Woche, engl.) und wodi (-) ([Krankenhaus-]Station, engl.). Manchmal schwankt auch der Gebrauch der Klassen bei einem Wort; und den in diesem Zusammenhang regelmäßig beschworenen kiplefti (-) (Kreisverkehr, engl.) trifft man in freier Wildbahn recht selten an und dann eher in Klasse 9.
Hierher gehören neben den Wörtern, deren erste Buchstaben gar nicht nach einem Klassenpräfix aussehen, auch all diejenigen, bei denen in den vorangehenden Abschnitten festgestellt worden ist, dass es sich im Einzelfall eben doch nicht um ein Klassenpräfix gehandelt hat. Es geht also hier nur noch um Wörter ohne Präfix, die im Singular in den Klassen 5 oder 9 liegen, sowie um Wörter mit ch-, für die auch Klasse 7 in Frage kommt. Dann muss man versuchen, aus der Bedeutung schlau zu werden, was mehr oder weniger zuverlässig sein kann.
Menschen: Verwandtschaftsbezeichnungen sind in Klasse 9: baba (Vater), ndugu (Geschwister), dada (Schwester), bibi (Großmutter), shangazi (Tante väterlicherseits); alles andere, vor allem Fremdwörter und Wörter für bedeutende Menschen, in Klasse 5: bwana (Herr), bibi (Dame), daktari (Doktor, Arzt), afisa (Beamter). Das „Fußvolk“ muss sich allerdings oft mit Klasse 9 begnügen, wobei Klasse 5 auch vorkommt: askari (Soldat), rafiki (Freund).
Tiere: Fast alle Tiernamen ohne Klassenpräfix sind in Klasse 9, bis auf sehr wenige Ausnahmen, z.B: chura (Frosch) in Klasse 7 sowie jogoo und jimbi (beides Hahn) in Klasse 5; bei bata (Ente) kommt neben Klasse 5 auch Klasse 9 vor.
Sonstiges Konkretes: Soweit die Bedeutung oben bei Klasse 5 explizit erwähnt ist (Pflanzenteile und Früchte, dreidimensionale Objekte und Behälter, zweispurige Fahrzeuge, Landschaften), ist Klasse 5 ziemlich wahrscheinlich. Eine Ausnahme bilden manche als solche erkennbaren englischen Fremdwörter in Klasse 9 wie motokaa (-) (Auto) und treni (-) (Zug), während andere ähnlich gebildete in Klasse 5 liegen wie lori (ma-) (Lastwagen) und basi (ma-) (Bus). Wörter für andere Dinge liegen überwiegend in Klasse 9, besonders Fremdwörter.
Abstrakte Begriffe aus Verben: Eine häufige Bildung von Abstrakta aus Verben ist die Ersetzung des -a am Wortende durch -o; die Substantive sind dann in Klasse 5. Beispiele: neno (Wort) von nena (aussprechen), somo (Lektion) von soma (lesen, studieren), kutano (Treffen) von kutana (treffen). Dagegen liegen arabische Substantive, die aus den dazugehörigen Verben durch Auswechseln der Vokale hervorgehen, typischerweise in Klasse 9: imani (Glaube) von amini (glauben), safari (Reise) von safiri (reisen). Arabische Substantive, die genauso aussehen wie das Verb, können nach jedem der beiden Muster gebildet sein und sind daher in ihrer Klassenzugehörigkeit nicht vorhersagber: jibu (ma-) (Antwort), shauri (ma-) (Plan), hifadhi (-) (Aufbewahrung), kabidhi (-) (Übergabe), hesabu (-) (Rechnen). Eine viel detaillierte Beschreibung der Bildung von Substantiven aus Verben bildet einen eigenen Abschnitt im fünften Kapitel.
Andere abstrakte Begriffe: Ohne Klassenpräfix gibts die bei einheimischen Wörtern kaum, so dass es meist um Fremdwörter geht, vor allem aus dem Arabischen und Englischen. Sie liegen ganz überwiegend in Klasse 9, z.B. kazi (Arbeit; Fremdwort?), bidii (Fleiß), neema (Gnade), staili (Stil), jedoch swali (ma-) (Frage). Lediglich gesellschaftliche Gruppierungen haben eher Bezeichnungen in Klasse 5: taifa (Nation), kabila (Ethnie, Stamm), kanisa (Kirche).