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Artikel | Die Swahili-Fibel |
Verfasser | Helmut Richter |
verfasst / veröffentlicht / geändert | / / |
Artikel-URL | https://hhr-m.de/sw-fibel/ |
Kapitel | 4. Umstände, Verhältnisse, Abhängigkeiten |
Diese Seite | https://hhr-m.de/sw-fibel/frage/ |
enthält | Fortsetzung des Kapitels |
Bei Fragen gibt es wie im Deutschen offene und geschlossene Fragen. Offene Fragen enthalten ein Fragewort (wer, wie, wann, wo) und haben viele mögliche Antworten; geschlossene Fragen stellen eine Behauptung in Frage und haben vor allem „ja“ oder „nein“ zur Antwort.
Geschlossene Fragen haben in Swahili dieselbe Form wie die Aussage, die in Frage gestellt wird; sie unterscheiden sich also schriftlich nur durch das Fragezeichen und mündlich durch die Satzmelodie. Meist beginnt man aber solche Fragen mit je, das in etwa „sag mal“ bedeutet, aber nicht nur in lockerer Umgangssprache verwendet wird: Je, utaondoka kesho? (Reist du morgen ab?).
-je kann auch ans Verb gehängt werden und heißt dann wie: Tufanyeje? (Was sollen wir tun?), Umeamkaje? (Wie bist du aufgewacht?). Gelegentlich findet man auch -pi als Suffix mit der Bedeutung wohin: Unakwendapi? (Wo gehst du hin?). Das sind also offene Fragen, nur dass das Fragewort eine Nachsilbe am Verb ist.
Alle anderen Fragewörter in Swahili sind aber eigene Wörter. Sie werden, anders als im Deutschen, eher am Satzende verwendet: Jina lako nani? (Dein Name wer?), Unakaa wapi? (Du wohnst wo?), Ni nani aliyeifanya kazi hii? (Es ist wer, der diese Arbeit gemacht hat?). Die Fragewörter -ngapi (wieviele) und -pi (welche) sind veränderlich; ersteres bekommt ein Adjektivpräfix, letzteres ein Verbpräfix, also mayai mangapi? (wieviele Eier?), yai lipi? (welches Ei?), mayai yapi? (welche Eier?). Um nach dem Ort zu fragen, wo jemand oder etwas ist, braucht man eine Verbform, die in einem der letzten Abschnitte erklärt wurde: sie besteht aus dem Verbpräfix (in der 3. Person Einzahl yu-) und der Silbe -ko: Baba yuko wapi? (Wo ist der Vater?), Tuko wapi? (Wo sind wir?), Choo kiko wapi? (Wo ist die Toilette?).
Sätze können miteinander verbunden oder ineinander verschachtelt werden. Die Möglichkeiten dazu sind in Swahili ähnlich wie im Deutschen; sie sind fast alle schon im zweiten und dritten Kapitel vorgekommen und werden hier noch einmal zusammengefasst.
Die Teilsätze können selbständig nacheinander stehen, wobei eine Konjunktion wie etwa lakini (aber), kwa maana (denn), kama (wenn, wie), ili (damit) oder hata (so dass) aussagt, wie sie aufeinander bezogen sind. In den Fällen, in denen schon die Wahl der Zeitstufe diese Beziehung ausdrückt, kann die Konjunktion auch entfallen; das war im zweiten Kapitel in den Abschnitten über die Zeiten, über den Optativ und über Bedingungen und Konjunktiv anhand vieler Beispiele erläutert worden. Als Konjunktionen werden arabische Lehnwörter wie die eben genannten sowie Verbformen nach Bantu-Muster wie ikiwa (wenn es ist = falls), isipokuwa (wenn es nicht ist = falls nicht) oder ijapo (wenn es kommt = obwohl, falls) verwendet.
Ein Nebensatz kann Satzglied des Hauptsatzes sein, etwa Subjekt, Objekt oder Adverbial. Im Deutschen beginnt dann der Nebensatz meist mit einem Fragewort. In Swahili ist das nicht so; vielmehr werden solche Nebensätze durch ein Verb mit Relativsilbe an den Hauptsatz angeschlossen. Die meisten Beispiele im Abschnitt „ Klassenpräfixe ohne Substantive“ im dritten Kapitel sind von dieser Bauart: sie enthalten im Deutschen ein Fragewort, in Swahili ein Verb mit Relativsilbe.
Ein Nebensatz kann auch ein Substantiv aus dem Hauptsatz kommentieren oder einschränken. Das sind dann echte Relativsätze, die ebenso wie die Gliedsätze des vorangegangenen Punktes durch ein Verb mit Relativsilbe an den Hauptsatz angeschlossen werden.
Des weiteren kann ein Infinitiv das Verb in einem Nebensatz sein.
Wenn eine Präposition sich nicht auf ein Substantiv bezieht, sondern auf einen Nebensatz mit einem eigenen Verb, wird sie in diesem Zusammenhang als Konjunktion benutzt. Man vergleiche „seit dem Morgen“ mit „seit ich das Buch las“, „bis zum Abend“ mit „bis er ankommt“, „wie ein Lehrer“ mit „wie es ihm der Lehrer gesagt hat“. Bei anderen Präpositionen ändert sich dann im Deutschen die Wortform, etwa „bevor“ statt „vor“, „nachdem“ statt „nach“ oder „ohne dass“ statt „ohne“. In Swahili hat in allen diesen Fällen das Verb eine Relativsilbe: tangu nilipokisoma kitabu, mpaka atakapofika, kama mwalimu alivyomwambia. Eine Ausnahme ist kabla (vor, bevor); da wird die Zeitsilbe -ja- verwendet: kabla sijakisoma kitabu (bevor ich das Buch las).
Oft ist es eleganter, die Präposition mit einem Infinitiv zu verwenden, wenn das geht. Besonders baada ya (nach), bila (ohne) und auch kabla ya (vor) verbinden sich gerne mit Infinitiven, baada ya sogar mit einem davor eingeschobenen Subjekt: baada ya watu wale kuondoka (nachdem jene Leute abgereist waren).
Normalerweise beginnt der Relativsatz mit der Verbform, die die Relativsilbe enthält, und das zum Verb gehörende Subjekt steht davor, wenn es zum Hauptsatz gehört, oder aber danach, wenn es zum Nebensatz gehört: barua iliyoandikwa na mwalimu (der Brief, der vom Lehrer geschrieben wurde), barua aliyoandika mwalimu (der Brief, den der Lehrer schrieb), kijiji alipokaa Mariamu (das Dorf, wo Mariamu wohnte). Im ersten Beispiel ist das Verb im Passiv und daher das Wort barua das Subjekt, in den anderen ist das nachgestellte Wort das Subjekt; man erkennt das auch an den Subjektsilben i- und a-.
In einigen Fällen geht diese Wortstellung nicht gut oder gar nicht:
wenn das Relativpronomen nach einer Präposition steht,
wenn die Zeitstufe nicht mit einer Relativsilbe kombiniert werden kann,
wenn nicht klar ist, welches der Substantive vor und nach dem Verb das Subjekt ist oder
wenn durch Einschübe das Subjekt vor dem Verb so weit weg von ihm steht, dass der Relativbezug schwer zu erkennen ist.
In diesen Fällen wird die Relativsilbe an das Wort amba- angehängt, das den Relativsatz einleitet, das also ein richtiges Relativpronomen ist; das Verb gehört dann ganz zum Nebensatz und hat keine Relativsilbe mehr. Hier sind ein paar Beispiele: mama ambaye mtoto wake alilia (die Frau, deren Kind weinte), jambo ambalo nilikuandikia juu yake (die Angelegenheit, über die ich dir geschrieben habe), chochote ambacho kingewasaidieni (irgendetwas, das euch helfen würde), mambo ambayo jicho halijapata kuyaona wala sikio kuyasikia (Dinge, die das Auge noch nie gesehen und das Ohr noch nie gehört hat), yule ambaye ni lazima kumwogopa (der, den man fürchten muss), mtu ambaye huchukua yasiyo yake (jemand, der nimmt, was ihm nicht gehört), msichana ambaye Simoni anampenda (das Mädchen, das Simoni liebt – eindeutig er sie), msichana ambaye anampenda Simoni (das Mädchen, das Simoni liebt – eindeutig sie ihn), die letzten beiden sind klarer als msichana anayempenda Simoni (das Mädchen, das Simoni liebt – zweideutig, eher sie ihn).