ArtikelDie Swahili-Fibel
VerfasserHelmut Richter
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Kapitel1. Plausch über und auch auf Swahili
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Plausch über und auch auf Swahili

Dieses erste Kapitel enthält Wissenswertes über die Sprache Swahili und einige Wörter und Sätze, die man sich einprägen kann, ohne in die Grammatik von Swahili einzusteigen.

Was ist Swahili?

Swahili ist mit irgendwo zwischen 5 und 10 Millionen Mutter­sprachlern und wohl zehnmal so vielen, die es als Verkehrssprache einsetzen, eine der bedeutendsten einheimischen Sprachen Schwarzafrikas. Während es im nördlichen Drittel Afrikas einige Sprachen mit vielen Millionen Mutter­sprachlern gibt, die darüberhinaus in großen Gebieten Verkehrs­sprachen sind (vor allem Arabisch in Nordafrika, Amharisch in Äthiopien und Hausa in Nordnigeria und seinen nördlichen Nachbarländern), gibt es südlich davon einen bunten Fleckenteppich von einheimischen Sprachen, von denen zwar einige mehr Muttersprachler haben als Swahili, von denen aber kaum welche in einem ähnlich großen Gebiet als Verkehrssprache verbreitet und akzeptiert sind – vielleicht gerade weil Swahili nicht Sprache eines einheitlichen Stammes oder Volkes ist. Ursprünglich zu Hause ist Swahili an der Küste von Kenia und Tansania und hat sich dann ins Landesinnere dieser beiden Länder verbreitet, in denen es auch Staatssprache ist. Verstanden wird es weithin in ganz Ostafrika, also auch in Uganda, im östlichen Kongo, in Ruanda und Burundi, im Süden von Somalia und im Norden von Mosambik. Als die Nationalsprache von Tansania und als wichtigste Sprache in der sich bildenden Ostafrika­nischen Gemeinschaft ist seine Bedeutung in den letzten Jahren eher gewachsen – kaum eine andere einheimische Sprache hat sich so im Wettbewerb gegen die Sprache der früheren Kolonialherren durchgesetzt.

Swahili gehört zu den Bantu-Sprachen, also zu der großen Sprachfamilie, zu der fast alle Sprachen Zentral-, Ost- und Südafrikas gehören. Zwei Eigenschaften der Bantusprachen, nämlich die Agglutination bei der Bildung von Verbformen und die Klasseneinteilung der Substantive, hat Swahili auch – was diese Begriffe bedeuten, kommt weiter unten in diesem Kapitel. Eine dritte Eigenschaft der meisten Bantusprachen, nämlich die Unterscheidung von Worttönen, ist Swahili verlorengegangen, was das Erlernen stark vereinfacht. Als Küstenbewohner haben die Waswahili (also die Einwohner von Uswahili, wo man Kiswahili spricht; ein einzelner wäre ein Mswahili) viel mit Seefahrern und Händlern aus fernen Ländern, besonders aus Arabien, Indien, Persien und Europa zu tun gehabt und bereitwillig Wörter aus deren Sprachen in ihre übernommen: in philosophischen oder juristischen Texten kann bis zur Hälfte der Wörter arabischen Ursprungs sein, während in modernen Texten, etwa über Technik oder Sport, auch der englischstämmige Anteil recht hoch ist. Nur die dreißig Jahre deutscher Kolonialzeit (Deutsch-Ostafrika) haben in Swahili kaum Spuren hinterlassen; immerhin die shule gibt es bis heute, und hela ist eines der Wörter für Geld. Trotz dieser vielen Einflüsse ist die Grammatik aber typisch für Bantusprachen: vielleicht ein wenig ungewohnt für uns, aber aufgrund ihrer Regelmäßigkeit und Logik recht leicht erlernbar.

Swahili oder Suaheli oder Kiswahili oder Kisuaheli?

Im Deutschen werden alle vier Schreibweisen verwendet. Auf Swahili heißt die Sprache jedenfalls Kiswahili, wobei Ki- eine Vorsilbe ist, die alle Sprachen (also auch Kiarabu, Kiingereza, Kihindi und Kijerumani, nach abnehmendem Einfluss auf Kiswahili geordnet) haben, und es ist Geschmacksache, ob man sie im Deutschen auch verwenden will. Die Schreibung (Ki)suaheli mit u und e war und ist vor allem im deutschen Sprachraum üblich – sie könnte gut aus der Zeit stammen, als es noch keine einheimische Schreibweise in lateinischer Schrift gab, weil Swahili damals noch in arabischer Schrift geschrieben wurde. Da es kein deutsches Wort ist, schreibt man es heute am einfachsten so, wie es die Sprecher der Sprache selbst tun.

Swahili lesen und schreiben

Swahili wird in lateinischer Schrift ohne alle Akzente geschrieben und gehört zu den Sprachen, bei denen die Schreibung am konsequentesten der Aussprache folgt. Auch Fremdwörter werden gnadenlos so geschrieben, wie sie gesprochen werden; das führt manchmal zu netten Ratespielchen, wenn man englische Wörter wie kompyuta, motokaa, meneja, kwaya, kamanda, golikipa, spea, daktari, stesheni, taulo, risiti, bafu und sayansi wiedererkennen will.

Die Vokale sind a, e, i, o und u; dagegen ist y immer ein Konsonant. Silben enden immer mit einem Vokal; die vorletzte Silbe wird betont. Treffen zwei Vokale aufeinander, werden sie ohne Unterbrechung (Glottisschlag) aneinandergehängt, werden aber für die Betonung als zwei Silben gezählt. Ein Beispiel: Die Betonung der Ländernamen Tanzania und Kenya ergibt sich eindeutig daraus, dass das eine hinten mit -ia geschrieben wird, also mit zwei Vokalen, von denen der vorletzte betont ist, das andere mit -nya, also mit nur einem Vokal, so dass die Betonung weiter vorn liegt. Man beachte die Silbengrenzen jeweils nach den Vokalen: Ta-nza-ni-a, Ke-nya, Ta-nga-nyi-ka. Dass Silben und damit auch Wörter mit Vokal enden, führt dazu, dass auch bei Fremdwörtern fast immer am Wortende ein Vokal angehängt wird, falls dort nicht schon einer ist: der Schlussvokal in den letzten sechs Beispielen oben kommt nicht mit aus dem Englischen. Bei arabischen Wörtern praktisch immer und bei anderen Fremdwörtern auch sehr oft ist ein solcher angehängter Vokal ein -u, wenn davon ein Lippenlaut (b, v, w, m, f, p) steht, andernfalls ein -i; ein solches -u wird von vielen Sprechern bei der Aussprache gern verschluckt.

Während die Schreibung der Vokale dem Deutschen (oder Spanischen, Italienischen, oder der Lautschrift) folgt, ist die der Konsonanten eher englisch: j ist stimmhaftes dsch (sehr weich, fast wie dj), während der deutsche Konsonant j als y geschrieben wird; s und z sind stimmloses und stimmhaftes s; labiodentales v und bilabiales w werden wie im Englischen unterschieden; und sh und ch werden wie deutsches sch und tsch gesprochen. Das r wird mit der Zungenspitze gesprochen, aber nicht wie im Englischen oder gar Amerikanischen; manche Sprecher manchen kaum einen Unterschied zwischen l und r, auch viele Fremdwörter werden mal so, mal so geschrieben. Die beiden möglichen Aussprachen des ng mit hörbarem g (wie deutsch fingiert oder englisch finger) und ohne (wie deutsch Finger oder englisch singer) werden verschieden geschrieben: die erste, häufigere, als ng, die zweite als ng’ mit Apostroph. Für Wörter, die aus dem Arabischen entlehnt wurden, gibt es noch dh und th für den stimmhaften und den stimmlosen th-Laut (wie in englisch then bzw. thin) sowie gh und recht selten auch kh für den stimmhaften und den stimmlosen Reibelaut im Rachen (also ungefähr das deutsche Zäpfchen-r und das ch von Bach). Die Buchstaben c, q und x werden nicht benutzt, außer in der Kombinantion ch.

Kombinationen von m oder n mit einem nachfolgenden stimmhaften Konsonanten, der an der gleichen Stelle im Mund artikuliert wird, also mb, mv, mw, nd, nj, ny und nz, sind besonders häufig, und zwar anders als im Deutschen auch am Wortanfang. Auch sonst gibt es viele Wörter, die mit m- oder n- beginnen und danach einen weiteren Konsonanten haben. Wenn solche Wörter (ausgenommen die mit mw-, ny-, ng- und ng’-) nur einen Vokal haben wie beispielsweise mtu (Person), mke (Ehefrau), nne (vier) oder nchi (Land), werden sie auf dem m- oder n- am Anfang betont. Diese Betonung behalten sie auch, wenn weitere Silben davortreten: mwanamke (Frau), mawe manne (vier Steine); solche Fälle sind aber recht selten. Ist aber schon der Wortstamm mehrsilbig wie bei simba (Löwe) oder tendo (Tat), so landet die Betonung nie auf einem m oder n am Silbenanfang, sondern immer auf dem vorletzten „richtigen“ Vokal.

Die Betonung und die Satzmelodie ist nicht viel von der deutschen verschieden. Deutsche Muttersprachler neigen aber dazu, die Silbengrenzen nicht zu beachten und betonte Vokale vor Doppelkonsonanten zu flüchtig zu sprechen: shinda (überwinden, Erfolg haben) hat hinsichtlich der Klangfarbe und Länge dasselbe i wie shida (Problem). Die Satzmelodie bei Fragen sollte man von Einheimischen lernen: es werden beide Schlusssilben deutlich gespochen – nicht wie in Aussagesätzen die letzte halb verschluckt wie im Deutschen – und die letzte Silbe nur sehr wenig höher als die vorletzte.

Das wars schon. Jetzt können wir schon Swahili-Texte selbst dann richtig vorlesen, wenn wir kein einziges Wort verstehen.

© Helmut Richter